Noch so viel Urlaub übrig – aber das Arbeitsverhältnis endet!

Zur Urlaubserteilung am Ende des Anstellungsverhältnisses

Immer wieder kommt es dazu, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich nach dem Ausspruch einer Kündigung nicht über restliche Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers verständigen. Bislang konnten sich die Arbeitgeber dabei zwar regelmäßig ziemlich entspannt zurücklehnen und abwarten. Das könnte sich aber jetzt durch ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Juni 2014, Az. 21 Sa 221/14 geändert haben.

Ein Arbeitnehmer war als Koch und Restaurantleiter seit Ende 2010 angestellt. Der Arbeitgeber kündigte zum 31.12.2012. Im anschließenden Kündigungsschutzverfahren behauptete der Arbeitnehmer, es habe von Anfang an Einverständnis darüber bestanden, dass in den ersten Jahren Urlaub nicht denkbar sei. Aus diesem Grund habe er nie Urlaub beantragt und auch nie erhalten. Der Arbeitgeber berief sich demgegenüber darauf, dass das Lokal vorübergehend geschlossen und der Arbeitnehmer in dieser Zeit freigestellt gewesen sei. Außerdem habe der Arbeitnehmer ja auch nie Urlaub beantragt.

Nach § 7 Abs.4 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Ob dafür der Arbeitnehmer den Urlaub vorher zumindest beantragt haben muss, ist im Gesetz nicht geregelt. Bislang haben die Gerichte dazu regelmäßig den Standpunkt eingenommen, dass ein Arbeitnehmer nach Erhalt oder Ausspruch einer Kündigung sich selbst um seinen Urlaubsanspruch kümmern müsse. Nur dann, wenn die Kündigungsfrist nicht lang genug war, um nach einem entsprechenden Urlaubsantrag des Arbeitnehmers dessen Urlaub noch vollständig „abzudecken" oder wenn der Arbeitgeber den Urlaub verweigert hatte, sollte dem Arbeitnehmer ein Zahlungsanspruch zustehen. Die Arbeitgeber konnten also nach Ausspruch einer Kündigung in Ruhe abwarten, ob der Arbeitnehmer Urlaub beantragen würde. Das könnte jetzt nach dem Urteil des LAG Berlin-Brandenburg anders sein.

Das LAG hat nämlich erklärt, dass ein Arbeitgeber stets von sich aus dafür sorgen müsse, Urlaub auch ohne vorherige Aufforderung rechtzeitig zu gewähren. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG, wonach der Urlaub „zu gewähren und zu nehmen" sei. Außerdem diene der Jahresurlaub dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers. Für den Gesundheitsschutz sei aber der Arbeitgeber zuständig. Der Arbeitgeber müsse schließlich auch darauf achten, dass die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes eingehalten würden. Urlaub sei eine Art Jahresruhezeit, die sich von den sonstigen Ruhezeiten des Arbeitszeitgesetzes nur dadurch unterscheide, dass das übliche Arbeitsentgelt weiter zu zahlen sei.

Den weiteren Einwand des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer doch während längerer Zeiträume freigestellt gewesen sei, hielt das LAG deshalb für unbeachtlich, weil diese Freistellung nicht ausdrücklich zum Zwecke der Urlaubserteilung erfolgt war. Der Arbeitgeber hatte es nämlich unterlassen, bei Ausspruch der Freistellung zu erklären, dass die Freistellung zum Zwecke der Urlaubserteilung erfolge.

Das Urteil des LAG ist zwar noch nicht rechtskräftig, denn wegen der Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung wurde die Revision zugelassen. Ob das Bundesarbeitsgericht das Urteil bestätigen oder aufheben wird, bleibt abzuwarten. Bis dahin können aber Arbeitnehmer, die es verpasst haben, ihren Urlaub rechtzeitig vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses zu beantragen, aufatmen und haben vielleicht doch noch die Möglichkeit, dafür eine finanzielle Abgeltung zu erhalten. Umgekehrt sollten Arbeitgeber, um dies zu vermeiden, jetzt von sich aus nach einer Kündigung den Arbeitnehmer dazu veranlassen, seinen Urlaub zu nehmen.

Jens-Peter Brockmann

 

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